Dienstag, 5. November 2013

Rekonvaleszenzzeit

So langsam löst sich bei uns die Schockstarre.

Wir hatten uns schon gedacht, dass diverse Extras wie die vernetzten Rauchmelder und ein Netzfreischaltrelais für die Kinderzimmer den Aufpreis für die Position Elektrik in die Höhe treiben würden. Dazu noch einige Steckdosen und Deckenauslässe mehr, als in der Baubeschreibung vorgesehen.

Dass das Angebot, das wir letzten Donnerstag bekommen haben, nur knapp am fünfstelligen Bereich vorbeischrappt, hat uns dann aber doch aus den Schuhen geholt. Große Fassungslosigkeit. Wohlgemerkt, wir reden hier über den reinen Aufpreis. Im Bauvertrag ist bereits ein opulenter Betrag für dieses Gewerk enthalten. Die Elektrikarbeiten, die zum Teil schon in der vergangenen Woche begonnen wurden, haben wir erstmal stoppen lassen und den Rotstift gezückt. Und dabei war der Tag schon anstrengend genug:

Stephan hatte sich am Donnerstag noch einen Tag Urlaub gegönnt. Es standen diverse Punkte auf dem Programm, unter anderem wollten wir von dem Angebot eines namenhaften schwedischen Möbelhauses Gebrauch machen und 20 % bei unserer Schlaf- und Arbeitszimmerausstattung sparen. Die Schränke wollten wir vorübergehend im Wohnzimmer lagern und dafür diverse Regale, die demnächst ohnehin das Zeitliche segnen werden, auf den Sperrmüll befördern. Um den Tag effektiv zu nutzen, planten wir auch, bei dem Baustoffhandel vorbeizuschauen, der ähnliche Fliesen wie unsere bemusterten anbietet (zu wesentlich kleinerem Geld). Da das Fachgeschäft knappe 50 km von uns entfernt liegt, bot es sich an, weitere Erledigungen damit zu verbinden. So versuchten wir, kurzfristig den Treppenbauer unserer Wahl zu erreichen, um das Angebot, das uns bereits vorlag, zu besprechen. Wir hatten es die ganze Woche bereits bei ihm versucht, und just am Donnerstagmorgen um 7.45 Uhr hatten wir doch noch Glück. Stephan machte für den gleichen Tag ein Treffen aus: 9.15 Uhr. Wir wussten, dass der Betrieb etwa in der gleichen Richtung wie der Baustoffhandel lag. Was wir noch nicht wussten, war, dass er weitere zähe 20 km entfernt war. Zäh, weil "über die Dörfer". Geschätze Anfahrtzeit laut Suchmaschine: 1 Stunde 15 Minuten. Und der Kurze lag noch im Bett. Das hieß mal wieder: Stress.

Unser Youngster machte gut mit und so verließen wir 30 Minuten später das Haus. Am Auto stellten wir fest, dass das komplette Gefährt noch von "Mamas" Shopping-Tour beim Schweden Tags zuvor (Schrankkauf Teil I) umgebaut war. 5 weitere Minuten, gefühlt 50. Beim Anschnallen des Kurzen fiel mir ein, dass sich der Gurt des Kindersitzes am Vortag unauflösbar verklemmt hatte. Noch mal 5 Minuten. Die Nerven lagen blank.

Irgendwann hieß es mal im Radio, dass Gülpe in der Nähe von Berlin Deutschlands dunkelster Ort sein soll. Wer das behauptet, der war noch nie im Artland. Auf den letzten 20 km der Fahrtzeit sank die Bevölkerungsdichte merklich, die Anreise zog sich wie ein Gummiband. Irgendwie schafften wir es - unter grundsätzlich vorschriftsgemäßer Fahrweise - aber doch, mit nur 5 Minuten Verspätung anzukommen. Der Treppenbauer war sichtlich beeindruckt.

Wir klären alle Punkte, bekamen sogar Kaffee und fuhren eine Stunde später zum Fliesenaussuchen. Den Termin arbeiteten wir zügig ab, der Kleine wurde mit Keksen versorgt und war gut zufrieden, die Reise konnte weitergehen. Für den Großeinkauf beim Schweden benötigten wir aber noch ein zweites Auto. Also wieder zurück nach Hause, tanken, aufteilen, großes Kind von der Schule abholen, ab zum Laden. Nach einer Stärkung beim Mittagessen ging es dann ans Eingemachte. Mit zwei großen Wagen luden wir geschätzte zwei Tonnen Korpusse und Türen auf. Und das Tollste: Es war alles da! Jetzt mussten wir nur noch aufpassen, dass der Kleine nicht im wahrsten Sinne des Wortes "unter die Räder" kam, denn der große Aufpasser war im Kinderspielland. Noch einmal Schweißausbruch an der Kasse, fertig. Na ja, nicht so ganz: Es war uns eine Tür zuviel berechnet worden. Also Storno. Bei den Autos kamen uns berechtigte Zweifel, dass der Großeinkauf bzw. die Kinder keinen Platz mehr haben würden. Wir entschieden uns somit, die Kinder beim Möbelhaus zu lassen.

Blödsinn, selbstverständlich hatten die Möbelstücke und unsere Kinder gerade Platz genug. Wir fuhren über Land, da die Beladung verkehrsrechtlich zumindest fragwürdig war. Zuhause angekommen stellten sich wieder Zweifel ein. Wir würden räumliche Probleme bekommen. Entweder ein Sofa müsste verfrüht auf den Sperrmüll wandern - oder es würde nicht gehen. Die rettende Idee hatten dann die Eltern: Alle Kartons passen in die Partybude. Also fuhren die Männer ein paar Häuschen weiter und entluden die Zentnerware vor Ort. Wir sind rückblickend doch sehr dankbar, dass niemand dabei gesundheitlichen Schaden genommen hat, denn zehn Meter Schrankflächen haben doch ein respektables Gewicht.

Abends schauten wir noch bei dem Elektriker vorbei, um besagtes Angebot abzuholen. Ab dem Zeitpunkt war dann auch das kommende Wochenende gelaufen, von Freitag bis Sonntag legten wir wieder Nachtschichten ein.

Den Sonntagnachmittag verbrachten wir dann aber doch ganz gemütlich. Ein wenig Erholung stellte sich ein. Am Abend dann eine SMS: "Schweden-Küchen jetzt 20 % günstiger".

Notiz an uns selbst: Sperrmüll bestellen.

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